BPMN, die von der OMG (Object Management Group) standardisierte Business Process Modeling Notation, erfährt viel Aufmerksamkeit. Liegt mit ihr doch zum ersten Mal ein Standard für die grafische Darstellung von Prozessmodellen vor, der sich sowohl an fachlich orientierte Modellierer als auch an Workflow-Modellierer richtet. Aber jenseits allen Medienrummels: Wird die BPMN tatsächlich genutzt? Und wie wird sie eingesetzt? Insgesamt 59o Modellierer nahmen im vergangenen Jahr an einer Umfrage teil, die von der australischen Queensland University of Technology durchgeführt wurde. Die Ergebnisse wurden jetzt in einem Whitepaper von Jan Recker zusammengefasst.
Hier einige interessante Ergebnisse aus der Studie:
- BPMN wird tatsächlich sowohl für die fachliche Geschäftsprozessmodellierung (51% der Befragten) als auch für die technisch ausgerichtete Workflowmodellierung eingesetzt (49% der Befragten). BPMN könnte somit zur gemeinsamen Sprache für Fachanwender und IT-Entwickler werden.
- Ungefähr je ein Drittel der Befragten nutzen entweder nur die Kern-Elemente der BPMN, eine erweiterte Menge der BPMN-Elemente, oder aber die komplette BPMN. Letztere sind wohl vor allem Workflow-Modellierer, da die BPMN auch eine Reihe von Konstrukten enthält, die vorwiegend für technische Details eine Rolle spielen.
- Nur knapp 14% der BPMN-Modellierer hat eine Schulung erhalten, der Rest hat es sich selbst beigebracht. Auch wenn die Grundkonstruktue der BPMN recht einfach sind, handelt es sich doch um eine komplexe und mächtige Notation. Daher ist eine fundierte Ausbildung wichtig. Dieses Ergebnis kann natürlich auch daher rühren, dass die heutigen Anwender dieser relativ neuen Notation vielfach noch in einem Experimentierstadium sind, und die breite Anwendung in den Unternehmen mit entsprechenden Schulungsmaßnahmen bisher noch nicht gegeben ist. Diese Vermutung wird auch dadurch gestützt, dass die meisten Teams, die BPMN einsetzen, recht klein sind – auch in großen Unternehmen.
- Beliebtestes Tool für die BPMN-Modellierung ist Microsoft Visio (18,2%), für das es kostenlos erhältliche BPMN-Schablonen gibt. Ansonsten werden Case-Tools, die bekannten Geschäftsprozessmodellierungs-Suiten und die Modellierungskomponenten von Business Process Management-Systemen eingesetzt.
- Die am häufigsten genutzten Funktionalitäten sind die Navigation zwischen Prozessmodellen auf verschiedenen Ebenen, ein integriertes Repository für alle Prozessmodelle, die Ergänzung der Symbole um zusätzliche Attribute, die Verlinkung von zusätzlicher Dokumentation und der Zugang zu weiteren Notationen. Insbesondere für die fachlich orientierte Prozessmodellierung und -analyse reicht die reine Kontrollfluss-Sicht der BPMN nicht aus, hier müssen z. B. auch organisatorische Informationen, Datenmodelle u. ä. integriert werden.
- Die Studienteilnehmer äußerten eine Reihe von Verbesserungswünschen für zukünftige BPMN-Versionen. Hierzu gehören insbesondere eine verbesserte Integration von Geschäftsregeln in die Modelle, bessere Möglichkeiten der Prozesshierarchisierung und eine umfassendere Modellierung organisatorischer Aspekte. Einige Elemente wurden auch als weitgehend überflüssig angesehen, insbesondere die vielen verschiedenen angebotenen Typen von Ereignissen stellen die Modellierer häufig vor Probleme.
Jan Recker: „BPMN Modelling – Who, Where, How and Why“, erscheint in: BPTrends März 2008.