Sind Sie bereit für BPM?

Are you ready for BPM?

Ein Schnelltest von Bea

Ein bisschen erinnert es an die Psychotests in populären Zeitschriften: Kreuzen Sie die bei Ihnen zutreffenden Antworten in einem kurzen Fragebogen an, und erfahren Sie, wie kreativ, willensstark oder sympathisch Sie sind. Im vorliegenden Fall dreht es sich um das Potenzial, das sich Ihrer Firma für die Einführung von Business Process Management-Konzepten und -Technologien bietet. Insgesamt 22 Fragen sind für das BPM Lifecycle Assessment zu beantworten. Die Auswertung mailt einem die Firma Bea in Form eines achtseitigen Reports zu.

Was taugen Fragebogen und Auswertung? Stellen Sie einen sinnvollen Einstieg in die Auseinandersetzung mit dem Thema dar, oder handelt es sich nur um eine einfache Masche zum Sammeln von Adressen, die den Teilnehmern aber keinen konkreten Nutzen bringt? Zunächst wird man zwar nur nach Nachname und E-Mail-Adresse gefragt, doch folgt sogleich das umfangreiche Adressformular mit zahlreichen auszufüllenden Pflichtfeldern und dem Angebot, die verschiedenen Bea-Newsletter zu abonnieren. Und auch die erste Frage ist recht vertriebsorientiert: „Haben Sie bereits eine BPM-Lösung erworben?“.

Nicht nur der Kundendienst…

Die weiteren Fragen sind für den Ausfüller von größerem Nutzen. So wird man etwa gefragt, welche Ziele man mit BPM verfolgen möchte. Die Optionen umfassen Vereinfachung, bessere Prognostizierbarkeit, höhere Transparenz, bessere Governance, einheitlichere Ausrichtung von Business und IT, und „verbesserter Kundendienst“. Warum nur der Kundendienst zur Auswahl steht, und nicht etwa auch eine bessere Angebotserstellung oder eine höhere Lieferbereitschaft, ist nicht ganz einleuchtend. Vielleicht handelt es sich einfach um eine schlechte Übersetzung aus dem Englischen, und es sind ganz allgemein bessere Leistungen für die Kunden gemeint. Darunter könnte man auch weitere hier nicht aufgeführte Ziele zusammenfassen, wie z. B. kürzere Durchlaufzeiten, Senkung der Prozesskosten, kürzere Time-to-Market etc.

Sodann ist die Situation im Unternehmen einzuschätzen: Sind die Vorgehensweisen komplett individualistisch, gibt es gewachsene Prozesse mit wenig Management, sind die Prozesse zwar strukturiert, aber isoliert, oder gibt es ein Kompetenzzentrum für Prozesse, das Prozessstandards festlegt und unternehmensweit durchsetzt? Weitere Fragen betreffen die Verwendung von Standardmethoden (wie Six Sigma oder Total Quality Management), die Dokumentation und Modellierung der Geschäftsprozesse, die systematische Durchführung von Änderungen, Verantwortlichkeiten und das Zusammenspiel von Fachabteilungen und IT. Aber auch die Einbeziehung von Geschäftspartnern in Prozessverbesserungen und die Verwendung von Prozesskennzahlen als Zielvorgaben von Teams werden angesprochen.

Selbstverständlich möchte Bea als Technologie-Anbieter auch so einiges wissen über den IT-Einsatz, z. B. die Verwendung von Standardtechnologien, den Automatisierungsgrad, die automatische Messung von Prozesskennzahlen, den Grad der Wiederverwendung und den Einsatz von Service-orientierten Architekturen (SOA).

Der Branchenvergleich beruhigt

Kurze Zeit nach Ausfüllen des Online-Fragebogens findet man die Auswertung in seiner Mailbox. Aufgrund der gegebenen Antworten wird für die vier Bereiche „Dokumentieren und Analysieren“, „Orchestrieren und Automatisieren“, „Optimieren“ und „Innovation durch BPM“ errechnet, wieviel Prozent des maximalen Umsetzungsgrades von BPM-Ansätzen das Unternehmen erreicht hat. Dies wird verglichen mit dem Branchen-Durchschnitt, der wohl aus den anderen Antworten der gleichen Branche errechnet wurde. In meinem konkreten Fall hatte dies eine beruhigende Wirkung, denn die erreichten ca. 30% in den meisten Bereichen entsprechen laut Auswertung durchaus dem in Hochschulen anzutreffenden Durchschnitt.

Für jeden der vier Bereiche werden dann im Einzelnen die zu erreichende Idealsituation, die aufgrund der gegebenen Antworten herrschende Ist-Situation, mögliche Maßnahmen und hieraus resultierende Vorteile beschrieben. Die individuelle Analyse ist jedoch recht knapp und allgemein gehalten, sie hat weniger Aussagekraft als die gegebenen Antworten selbst. Auch die vorgeschlagenen Maßnahmen sind zumindest diskussionswürdig. Aufgrund des diagnostizierten Mangels an Prozessdokumentation und -Analyse wird etwa empfohlen, Prozesse und vorgeschlagene Änderungen zu simulieren. Im konkret betrachteten Fall wäre dies weder möglich noch sinnvoll, denn einerseits fehlt zunächst überhaupt eine durchgängige Prozessdokumentation, und andererseits ist ein Großteil der Prozesse aufgrund der Uneinheitlichkeit wenig simulationsgeeignet.

Der Nutzen liegt weniger in der Auswertung als im Beantworten der Fragen

Dass viele Empfehlungen und Maßnahmen auf die Einführung von Business Process Management-Systemen und SOA abzielen, ist bei einem Technologieanbieter nicht unbedingt verwunderlich, auch wenn in vielen Bereichen rein organisatorische Maßnahmen vielleicht wesentlich sinnvoller wären. Generell wird in den Fragen und der Auswertung schon deutlich, dass beim Business Process Management der Nutzen des Geschäfts im Fokus stehen muss, und es sich um kein reines IT-Thema handelt. Andererseits werden etwa strategische Fragestellungen oder prozessorientierte Änderungen der Aufbauorganisation von Vornherein ausgeklammert.

Eines ist klar: Von einem BPM-Assessment mittels eines kurzen Online-Fragebogens, der von einem Technologieanbieter zu Marketing-Zwecken angeboten wird, kann man keine fundierte und umfassende Analyse erwarten. Geht man das Ganze hingegen eher spielerisch an, so kann die Beantwortung des Fragebogens durchaus zum Nachdenken und Diskutieren anregen. Zahlreiche Fragen thematisieren Problemfelder, bei denen es in vielen Unternehmen im Argen liegt. Der Nutzen des Assessments liegt somit vielleicht weniger in der Auswertung als im Beantworten der Fragen. Wenn diese dazu anregen, sich anschließend intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen, lohnt sich die aufgewendete Zeit.

1 Gedanke zu „Sind Sie bereit für BPM?“

  1. Hallo,

    ich habe den Test gemacht und fand ihn ziemlich hilfreich und interessant. In der Folge hat BEA Systems mich angerufen und stellt mir nun seine Produkte vor. Zunaechst gibt es Dokumente und einen persoenlichen Kontakt fuer Fragen. Dazu das Angebot an kostenlosen Live-Demos bzw. Seminaren teilzunehmen sowie das Angebot, in Telefonkonferenzen mit Key-Account Managern und entsprechenden Experten in Telefonkonferenzen seine Fragen zu stellen.

    Wer hat (vor allem in kleinen Unternehmen!) weitere Erfahrungen mit BEA Systems (und/oder anderen Anbietern) gemacht? Ich bin sehr an einem Erfahrungsaustausch bei der Einfuehrung von BPM und der SW-Auswahl interessiert. Emails an ch.thiede@web.de

    MfG
    Christoph Thiede

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