Noch eine Process Engine in der IBM-Sammlung

Spektakuläre Übernahmen in der IT-Branche sorgen immer für Aufregung, und so herrscht seit Mittwoch eine rege Diskussion im Internet über die Übernahme von Lombardi durch IBM. Auch mich hat diese Meldung überrascht: Hat IBM noch nicht genug Process Engines im Portfolio, wie z.B. Filenet, den Websphere Process Server, Lotus Notes?

Einige interessante Punkte aus der Diskussion, die z. B. auf ebizQ geführt wird:

  • Der BPM-Markt befindet sich in einer Konsolidierungsphase, es werden weitere Übernahmen für 2010 erwartet.
  • Es werden nach wie vor hohe Erwartungen mit BPM-Technologie verknüpft und ein entsprechendes Marktwachstum prognostiziert.
  • Lombardi ist einer der führenden „Pure Play“-BPM-Anbieter. Die Produkte können vergleichsweise einfach und schnell eingeführt und bedient werden.
  • Die Business-Nähe von Lombardi ist für die Firma IBM sehr interessant, die bislang wesentlich technologielastiger ist.
  • Lombardi ist vor allem im Bereich „Human-centric Workflow“ stark. Dies ergänzt die bisherigen Produkte, die eher in den Bereichen „Integration-centric Workflow“ (Process Server) oder „Document-centric Workflow“ (Filenet) stark sind. Andererseits wird die Tatsache sehr kritisch gesehen, dass man für diese verschiedenen Bereiche nun ganz unterschiedliche Produkte aus dem Hause IBM einsetzen muss.
  • Als weitere für IBM interessante Pluspunkte von Lombardi werden die bessere BPMN-Unterstützung und die Modellierung in der Cloud gesehen.
  • Die Übernahme von Filenet wird von einigen Diskussionsteilnehmern als negatives Beispiel angeführt. Dieses Produkt sei nicht besonders gut in das IBM Portfolio integriert und auch nicht konsequent weiterentwickelt worden. Immerhin wird es als gutes Zeichen gesehen, dass Lombardi in die Websphere-Plattform integriert und weiterenwickelt werden soll.
  • IBM positioniert Lombardi als Produkt, mit dem man schnell einsteigen kann und z. B. abteilungsbezogene Lösungen realisieren kann. Der Websphere Process Server soll die mit Lombardi realisierten Prozesse dann unternehmensweit integrieren. Auch diese Positionierung hat kritische Reaktionen hervorgerufen, denn sie entspricht nicht unbedingt dem Gedanken einer durchgängigen und einheitlichen Gestaltung und Unterstützung von End-to-end-Geschäftsprozessen.
  • Es werden einerseits viele Chancen gesehen, dass diese Akquisition den BPM-Markt insgesamt beflügeln und die starke Stellung von IBM dem recht guten Lombardi-Produkt eine stärkere Basis verschaffen könnte. Außerdem könne IBM durch eine konsequente Integration der Produkte die Business-Nähe und die Einfachheit von Lombardi mit der technischen Leistungsfähigkeit von Websphere verbinden. IBM könne somit nicht nur mit IT-Fachleuten, sondern verstärkt mit Vertretern des Business ins Gespräch kommen.
  • Andererseits herrscht vielfach eine große Skepsis, ob IBM dies schafft. Es wird befürchtet, dass Lombardi in der riesigen IBM weitgehend verloren gehen könnte.

Meine persönliche Erfahrung mit IBM ist, dass diese Firma eine Menge, z. T. sehr guter Produkte hat, gerade auch im BPM-Umfeld. Ich denke hier u. a. auch an eine Reihe von Modellierungstools. Auf der anderen Seite erfährt man – trotz sehr vielen Dokumenten auf den IBM-Webseiten – oftmals zu wenig darüber, welche Produkte es im Einzelnen gibt, wie diese zueinander passen und in welche Richtung sie weiterentwickelt werden. Gerade wenn es mehrere Produkte mit einem ähnlichen Bereich gibt, ist es umso wichtiger, klar zu kommunizieren, welches Produkt für welchen Einsatzzweck genutzt werden sollte, wie es mit anderen Produkten aus demselben Haus zusammenpasst. IBM hat eine Menge Perlen im Portfolio. Vielfach macht die Firma jedoch nicht genug daraus. Es ist zu hoffen, dass die Lombardi-Produkte nicht auch bald als versteckte Perlen vor sich hin schlummern werden.

Hier einige Originalbeiträge zum Thema:

Column2
BPM Futures
BPMS Watch
BPM Service News
BPM in Action
IT Business Edge
Perspectives in Process

1 Gedanke zu „Noch eine Process Engine in der IBM-Sammlung“

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