Obwohl er bereits zum fünften Mal stattfand, war ich gestern das erste Mal auf dem Process Solution Day der Gesellschaft für Organisation (gfo). Innerhalb eines Tages lässt sich dort ein recht umfassender Überblick über eine ganze Reihe von Softwarelösungen im Bereich BPM gewinnen. 21 Aussteller waren da, und es haben sich bereits eine Reihe von Ausstellern für das nächste Jahr angemeldet, die dieses Jahr aus Platzgründen nicht berücksichtigt werden konnten. Neben der Ausstellung fanden hatten die Anbieter außerdem die Gelegenheit, ihre Produkte in Vorträgen zu präsentieren. Die drei parallen Vortragsreihen standen unter den Überschriften „Fachliches Prozessmanagement“, „SOA“ sowie „Human Workflow Management“. Ich hatte die Ehre, den SOA-Track moderieren zu dürfen. Hier standen nicht Service-orientierte Architekturen als technisches Konzept im Vordergrund, sondern vielmehr BPM-Suiten, die einen starken Fokus auf der Integration verschiedener Systeme und Funktionen haben und auf einer SOA basieren.
In diesem Vortragsblock präsentierten die Hersteller Vitria, Inubit, Cordys, IBM, Soreco und jCOM1. Außerdem wurde ein Praxisprojekt bei einem Automobilunternehmen vorgestellt, bei dem systemübergreifende IT-Prozesse automatisiert wurden. Das Beratungsunternehmen H&D konnte hierbei signifikante Kosteneinsparungen nachweisen. So wurden in der Vergangenheit häufig neu installierte PCs wieder in die IT zurückgegeben, weil eigentlich benötigte Software noch nicht aufgespielt war. Dies konnte mit Hilfe des neuen Prozesses weitgehend vermieden werden.
Bei den Herstellervorträgen waren vor allem zahlreiche Live-Demos interessant, die aufzeigten, wie leicht sich heute einfache Prozesse ohne Programmierung implementieren lassen. Auch wenn man in der Praxis bei etwas komplexeren Prozessen zwangsläufig an eine Reihe von Problemstellungen gerät, die doch sehr detaillierte IT-Kenntnisse erfordern, war es dennoch beeindruckend zu sehen, wie einfach manche Aufgabenstellungen gelöst werden können. Neben dem reinen Kontrollfluss – bei den meisten Anbietern heute mit BPMN modelliert – lassen sich zumeist auch Oberflächen recht einfach erstellen, indem etwa ein Dialog samt Datenbankzugriff aus einem Datenbankschema generiert wird und die betreffenden Inhalte als Mashup mit externen Angeboten verknüpft werden, wie etwa Google Maps. Auch wenn sich viele Produkte vom grundsätzlichen Aufbau her ähneln, so gibt es doch eine Reihe von Unterschieden. So können manche Anbieter mit besonders leistungsfähigen Oberflächen punkten, während andere etwa im Bereich Operational Intelligence glänzen, oder beim Case Management, d. h. der Abwicklung schwach strukturierte, wissensintensiver Prozesse.
Es wurde deutlich, dass heutige BPMS mehr können als lediglich vordefinierte Prozessmodelle auszuführen. Komponenten zum Prozessmonitoring oder zum Complex Event Processing gehören ebenso zu einer solchen Suite wie Business Rules Engines. Zwar lassen sie sich – SOA sei dank – technisch leicht integierten, doch methodisch stehen die verschiedenen Komponenten vielfach noch etwas isoliert nebeneinander. Hier fehlen vielfach auch noch akzeptierte, methodisch integrierte Standards.
Am Abend stand dann die Verleihung des diesjährigen Process Solution Award an besonders herausragende Praxisprojekte an. Mehr dazu im nächsten Blogpost.
In diesem Jahr bin in nicht ganz so euphorisch vom PSD zurückgekommen wie in den letzten Jahren. Das lag sicher nicht an der gewohnt professionellen Durchführung der Veranstaltung. Auch die Resonanz von 200 Teilnehmern und 21 Ausstellern kann sich ja sehen lassen. Bei mir ist es mehr der Punkt, dass ich auf den letzten Process Solution Days irgendwie Alles schon mal gesehen und gehört hatte.
Für die Teilnehmer, die zum ersten Mal zum PSD gekommen sind, gab der Tag sicherlich einen guten Überblick über den aktuellen Leistungsstand der BPM Suiten. Aber mittlerweile hat sich die gfo mit dieser Veranstaltung so in Deutschland etabliert, dass es doch viele Teilnehmer gibt, die wie ich jedes Jahr kommen. Und da hatte nicht nur ich das Gefühl, dass dieses Jahr größere Neuerungen, wie sie es mit „Round Trip“ oder „BPMN“ in den letzten Jahren gegeben hat, diesmal gefehlt haben.
Klar feilen die Hersteller immer weiter am Round Trip und natürlich kann man nicht jedes Jahr mal eben eine neue Standardnotation erwarten. Ich fände es dann jedoch gut und konsequent, wenn sich die Präsentatoren in ihrer knappen Zeit mehr mit guten Lösungen zu einzelnen Problemstellungen im Prozessmanagement beschäftigen. Und nicht, wie ich es im Modellierungstrack erlebt habe, jedes Mal den Rundumschlag wagen. Auch die Aufteilung in die drei Tracks Prozessmodellierung, SOA/Integration und Human Workflow/Portale würde ich grundsätzlich überdenken, sie scheint mir überholt. Aber dazu mehr in meinem Blogbeitrag http://prozessfenster-blog.de/2010/05/21/alles-ganz-einfach-meine-eindrucke-vom-psd/#more-739
Das sind gute Hinweise. Neben der Grundfunktionalität der verschiedenen Tools wären die oft nur gestreiften Randthemen, wie z. B. wie die Integration von Business Rules Engines praktisch erfolgt, interessant. Vielleicht könnte man es zur Bedingung machen, dass jeder Hersteller einen speziellen Schwerpunkt oder ein Anwendungsbeispiel beleuchtet.
Hier noch eine weitere Meinung zum PSD:
http://www.bpm-plus.de/2010/05/process-solution-day-2010-der-gfo/