Schon seit einiger Zeit wird ja immer wieder über den möglichen Tod der Service-orientierten Architektur (SOA) diskutiert. Christine Legner und Goetz Viering von der European Business School haben in einer Studie untersucht, wie weit SOA umgesetzt ist und welcher Nutzen tatsächlich realisiert wurde. Befragt wurden insgesamt 60 SOA-Experten aus dem deutschsprachigen Raum, die alle in konkreten SOA-Projekten arbeiten und sich zumeist schon über vier Jahre mit SOA beschäftigen. Branchen, die sich stark mit SOA beschäftigen sind Telekommunikation, Finanzdienstleistungen, Automobilindustrie und IT-Dienstleister. Anwendungsschwerpunkte sind neben der IT die Bereiche Vertrieb, Kundenservice und Produktion.
Technische SOA-Designprinzipien wie Modularisierung, lose Kopplung und der konsequente Einsatz von Standards sind in den meisten befragten Unternehmen teilweise umgesetzt. Eine systematische SOA-Governance wurde bislang hingegen erst in wenigen Einzelfällen aufgebaut. Im zweiten Schritt fragte die Studie den bereits erzielten Nutzen ab, wie z. B. eine höhere Geschäftsflexibilität, eine leistungsfähigere IT, reduzierte Projekt- oder Betriebskosten. Das ernüchternde Fazit: Einen konkreten Nutzen konnte bislang nur ein kleiner Teil der Befragten vermelden. Erstaunlicherweise erwarten manche Unternehmen sogar überhaupt keinen umfassenden und signifikanten Nutzen. Da es sich bei den Befragten allesamt um SOA-Anwender handelt, ist diese pessimistische Einschätzung möglicherweise auf negative Erfahrungen aus den bisherigen Projekten zurückzuführen.
Die Forscher konnten vier unterschiedliche Gruppen von Unternehmen identifizieren. Die „SOA-Skeptiker“ setzen SOA nur in Teilbereichen ein. Sie haben bisher keinen besonderen Nutzen erzielt und erwarten dies auch für die Zukunft nicht. Die zweite Gruppe umfasst „SOA-Umsetzer mit IT-Fokus“. Sie setzen vor allem die technischen Designprinzipien der SOA um und haben bereits einen gewissen Nutzen erzielt. Allerdings erwarten sie keine nennenswerten Nutzensteigerungen mehr.
Die Gruppe der „ehrgeizigen SOA-Umsetzer“ hat erste Erfahrungen mit SOA gesammelt und beginnt zur Zeit mit einer unternehmensweiten Umsetzung, die mit hohen Erwartungen an den erreichbaren Nutzen verbunden ist. Bei der vierten Gruppe schließlich handelt es sich um „erfolgreiche SOA-Umsetzer“. Sie haben sowohl die technischen Designprinzipien umgesetzt als auch eine SOA-Governance aufgesetzt. Diese Unternehmen setzen ein durchgängiges Architekturmodell ein. Sie haben durchschnittlich doppelt so viele Services wie die anderen Gruppen realisiert. Es wurde bereits konkreter Nutzen erzielt. Für die Zukunft wird eine deutliche Steigerung erwartet.
Was machen die erfolgreichen SOA-Anwender anders? Die Studie nennt die wichtigsten identifizierten Erfolgsfaktoren. Zunächst verfügen diese Unternehmen über eine definierte SOA-Strategie. Es gibt klar festgelegte Prozesse, Rollen und Verantwortlichkeiten. Kennzahlen werden eingesetzt, mit denen Umsetzung und Zielerreichung der SOA-Initiative gemessen werden. Die einzelnen SOA-Projekte werden als Teil eines systematischen Projektportfoliomanagements geplant.
Eine Präsentation mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse kann hier herungeladen werden.