In jüngster Zeit gerät zunehmend die Unterstützung schwach strukturierter, nicht im Detail vorhersehbarer Prozesse in den Vordergrund (siehe auch diesen Beitrag). Forrester hat in seinem neuen Report 10 Anbieter von Dynamic Case Management-Lösungen verglichen. Im Vergleich zu herkömmlichen Business Process Management-Systemen (BPMS) zeichnen sich Dynamic Case Management (DCM)-Systeme dadurch aus, dass zu einzelnen Fällen ganz unterschiedliche Abläufe erfolgen können. Einem Fall können verschiedenartige Objekte und Dokumente zugeordnet werden. Die mit der Abwicklung eines Falls befassten Mitarbeiter können den Ablauf selbst verändern. Das System kann sicherstellen, dass dabei keine Regeln verletzt werden.
Der Report unterscheidet drei wesentliche Einsatzbereiche für solche Systeme: Untersuchungen, Service-Anforderungen und Incident Management. Beispiele für Untersuchungen sind Audits oder die Verfolgung von Betrugsfällen. Service-Anforderungen finden sich etwa im Kundendienst oder bei der Schadensabwicklung in Versicherungen. Incident Management umfasst beispielsweise die Bearbeitung von Beschwerden oder von medizinischen Notfällen.
Eine Reihe von Anbietern hat sich auf einzelne Einsatzgebiete spezialisiert, etwa auf kundenbezogenes Fallmanagement. Je nach Herkunft des jeweiligen Herstellers können sich die einzelnen Produkte deutlich unterscheiden. So finden sich neben spezialisierten Nischenanbietern auch BPMS- und Enterprise Content Management-Hersteller, aber auch Lieferanten von Standardsoftware, wie z. B. ERP- oder CRM-Systemen. Letztere ergänzen ihre Kernprodukte etwa um Funktionen für die Abwicklung von Ausnahmefällen, die beispielsweise bei der Auftragsabwicklung auftreten.
Forrester erwartet, dass DCM-Systeme die Balance zwischen Business und IT verschieben werden, da Manager und Mitarbeiter ihre eigenen Prozesse sowohl bei der Definition als auch während der Durchführung selbst ändern können. DCM-Systeme stellen Daten und Informationen gezielt dort zur Verfügung wo sie im Rahmen einer Fallbearbeitung benötigt werden. Ziel der DCM-Anwender ist es, einerseits größere Flexibilität zu erreichen, andererseits aber auch die notwendige Kontrolle sicherzustellen. Insbesondere werden auch eine höhere Transparenz und eine eindeutige Nachvollziehbarkeit als Vorteile benannt.
Der Report kann hier bei Pega heruntergeladen werden (Registrierung erforderlich).
Wir können den kundenseitigen Bedarf an Software zur Unterstützung von schwach strukturierten Prozessen bestätigen. Adaptive Case Management ist ist eins der Themen, die uns auch bei SAPERION in der nächsten Zeit beschäftigen werden. Allerdings: ein System was den Case Manager optimal unterstützt, kann auch hübsch komplex werden. Aber das darf es ja eigentlich nicht werden – denn es sollte ja nach Möglichkeit simpel zu bedienen sein… Ich bin gespannt, wann ein revolutionierend einfacher Web 2.0 Ansatz den Markt neu aufmischt. Oder gibt es ihn schon?
Tja, das „neu“ erkannte Problem bei Business Prozessen ist ja genau das unstrukturierte Arbeiten, was das Dynamic (oder adaptive) Case Management erst erforderlich macht. Die Erwartungshaltung ist ja recht interessant und auch sehr verlockend, denn von Mitarbeitern selbst gesteuerte Prozesse lassen zumindest annehmen, dass die Prozesse individuell optimiert werden. Und je individueller, desto flexibler – ergo besser. So läuft’s idealerweise. Allerdings ist individuell auch immer gleich Synonym für umfangreich, komplex und irgendwann auch unübersichtlich. Somit stellt sich für mich die Frage, wenn der Mitarbeiter selbst gar nicht so recht weiss, wie er eigentlich arbeitet, wie kann dann das System diese Vorgänge optimieren ohne ständig Ausnahmefälle zu produzieren und somit alles viel komplexer statt einfacher zu machen? Eine Frage, mit der sich derzeit mehrere Firmen beschäftigen und deren Antwort mit Spannung erwartet wird.
Vielleicht gibt es ja sogar irgendwann wie bei den neuen fahrbaren Untersetzern einfach nur einen Chip mit individueller Signatur. Der speichert dann nicht nur unsere Lieblingssitzposition, sondern wird auch schon beim Besetzten des Arbeitsplatzes eingelesen. So dass sämtliche individuelle Standardeinstellung beim Start geladen werden und zusätzliche Änderungen automatisch upgedated und natürlich jederzeit abrufbar sind. Interessant und gefällig wird das Ganze dann bei einer regen Arbeitsplatzteilung oder dann, wenn ein Mitarbeiter verschiedene Arbeitsplätze mit verschiedenen Anforderungen hat. Irgendein Process schon in Progress an der Stelle??
Mir fällt bei der Diskussion der Vergleich mit der Arbeit mit Word ein: Wir alle wissen, dass man seine Arbeit mit gut strukturierten Formatvorlagen wesentlich effizienter erledigen kann. Trotzdem gibt es ganz viele Leute, die jede Überschrift einzeln formatieren.
Wenn nun jemand hingeht, häufig verwendete Dokumente analysiert und hierfür eine Formatvorlage erstellt, dann kann diese allen zur Verfügung gestellt werden. Dann muss man die Leute noch von der Verwendung der Formatvorlage überzeugen und evtl. in die Nutzung der Vorlage einweisen.
Das passiert aber meist nicht von selbst. Insofern muss sich jemand aktiv darum kümmern.
Wenn es Tools gibt, die Arbeitsmuster automatisch erkennen und daraus Templates u. ä. ableiten, ist das prima. Ich würde mich aber nicht auf „paving the cow-paths“ beschränken. Die Kühe können auch Um- und Irrwege gelaufen sein.
Aristoteles würde mal wieder sagen, dass die Wahrheit in der Mitte liegt. Zu viel Standardisierung von Prozesse zwängt ein, führt zu Inflexiblität und verhindert damit Innovationen. Zu viel Freiheit für zu viel Doppelarbeiten, das Rad wird vermutlich mehrfach erfunden, es wird alles unübersichtlich und keiner weiß, was der andere macht.
Das Bild mit dem Templates, die geschult werden, gefällt mir sehr gut. Das sind Rahmenwerke, von denen jeder einzelen loslegen kann. Es braucht dann aber sicher immer wieder mal Reviews, um die Templates auf einen aktuellen Stand aus einer Retrospektive zu bringen.