SAP bietet mit StreamWork seit einiger Zeit eine kollaborative Plattform an, die insbesondere dazu dienen soll, die Vorbereitung und das Treffen gemeinsamer Entscheidungen zu unterstützen. Viele der Features sind aus anderen Plattformen bekannt. So kann man etwa Kollegen einladen, mit ihnen diskutieren und chatten, beliebige Dateien hochladen und sich automatisch über Neuigkeiten in einer Arbeitsgruppe informieren lassen. Als Besonderheit kann man eine ganze Reihe unterschiedlicher „Business Tools“ in eine Konversation einfügen, die für eine Entscheidungsfindung nützlich sind.
Dazu gehören beispielsweise Agendas, Verantwortlichkeitsmatrizen, Pro- und Kontra-Tabellen, Zeitplanungen, Abstimmungen. Speziell für Entscheidungen dienen u. a. Kosten-Nutzen-Analysen, Stakeholder-Analysen und SWOT-Analysen (Strengths, Weaknesses, Opportunities und Threats). Jeder Teilnehmer einer Konversation kann in solchen Analysetools z. B. seine Einschätzung bestimmter Sachverhalte eintragen. Das System zeigt dann die eigene Wahl im Vergleich zum Durchschnitt aller Teilnehmer an. Auch die Nutzung von externen Anwendungen, z. B. E-Mail oder WebEx-Konferenzen, ist möglich.
Als Vorteile nennt SAP eine schnellere und strukturierte Entscheidungsfindung. Außerdem werde transparent, wie und nach welchen Kriterien Entscheidungen getroffen werden. Und schließlich sind Informationen über getroffene Entscheidungen mitsamt den zugrunde liegenden Diskussionen, Informationen und Analysen weiterhin verfügbar. Die Plattform kann in der Basis-Variante kostenlos genutzt werden, wobei die Zahl der selbst angelegten Aktivitäten und der nutzbare Speicherplatz beschränkt sind. Ansonsten werden für jeden User 9$ pro Monat fällig. Für den produktiven Unternehmenseinsatz eignet sich die Enterprise Edition, die man selbst hosten kann und mit den eigenen Benutzer- und Verzeichnisdiensten sowie anderen Anwendungen integrieren kann.
Noch in der Beta-Phase befindet sich ein Prozessmodellierungswerkzeug, mit dessen Hilfe BPMN-Modelle in einer Konversation erstellt und diskutiert werden können. Unter der Bezeichnung „Gravity“ war bereits vor einiger Zeit eine Modellierungsplattform angekündigt worden, damals integriert in das – zwischenzeitlich eingestellte – Google Wave. Auch in StreamWorks wird an einigen Stellen neben dem Namen „Process Flow“ noch die Bezeichnung „Gravity“ verwendet. Es handelt sich um einen einfachen, recht intuitiven BPMN-Modellierer. Bislang ist die Funktionalität allerdings noch relativ beschränkt. So verfügen die Modellierungselemente beispielsweise über keine Attribute. Auch fehlen einige der in der Praxis wichtigen Kleinigkeiten, wie z. B. dass man den Verlauf der Kanten manuell anpassen oder die Beschriftungen an beliebige Positionen verschieben kann. Immerhin kann man sich Verstöße gegen die BPMN-Syntax anzeigen lassen, und auch der Im- und Export im BPMN 2.0-Format sind möglich. Im Test wurde ein mit Signavio erstelltes Modell problemlos importiert.
Besonderer Wert wurde auch bei dem Modellierer auf die kollaborativen Funktionen gelegt. So können Modelle nicht nur diskutiert und mit Anmerkungen versehen werden, sondern auch von mehreren Benutzern bearbeitet werden. Dabei kann man sich einblenden lassen, welche Elemente von welchem Benutzer eingefügt wurden. Leider wird die Historie des Modells nicht dargestellt. Wenn ein Benutzer Teile eines Modells löscht, scheint man diese in der augenblicklichen Beta-Version nicht einfach wieder herstellen zu können.
Alles in allem ist es ein ganz nettes Tool zur gemeinsamen Modellierung. Allerdings eignet es sich weniger dafür, komplexe und umfangreiche Modelle zu erstellen. Wenn man aber in einem Team kleinere Abläufe skizzieren und diskutieren möchte, dürfte man mit dem Funktionsumfang zurecht kommen. Interessant ist dies vor allem im Kontext der gesamten StreamWork-Plattform, d. h. in Szenarien, in denen Prozessmodelle nur ein Bestandteil der für eine Entscheidung notwendigen Informationen und Analysen sind. Die Weiterentwicklung der in einem solchen Szenario entworfenen Prozess-Skizzen kann mit Hilfe des BPMN-Exports in einem anderen Modellierungswerkzeug erfolgen.
Bei StreamWork kann man sich hier kostenlos registrieren – bzw. sich mit einem existierenden Google-Account einloggen.
Das Modellierungstool muss man sich erst freischalten lassen. Wie das geht, wird hier erklärt.
Hallo Herr Allweyer,
sie reden davon, dass die Modellierungselemente über keine Attribute verfügen würden. Ist das so zu verstehen, dass man im BPMN 2.0 Standart es möglich ist jedem Modellierungselement im Prozess Flow (Tasks, Kanten usw.) eine beliege Anzahl von Attributen zu geben ?
Viele Grüße,
Clemens M.
Ja, die BPMN definiert zum einen selbst bereits einige Attribute, z. B. gibt es Attribute um Bedingungen an Kanten zu hinterlegen. Hauptsächlich geht es dabei um Informationen, die für die Prozessausführung durch eine Process Engine notwendig sind.
Zum anderen gibt es einen Erweiterungsmechanismus, mit dem man auch eigene Attribute definieren kann.
Viele BPMN-Tools unterstützen die vordefinierten Attribute der Spezifikation. Die Definition eigener Attribute bieten dagegen längst nicht alle Tools.
Danke für die rasche Antwort. Können Sie mir noch ein Tool empfehlen, welches eigene Attribute anzeigt ?
Eigene Attribute kann man bei den meisten kommerziellen Tools definieren, z. B. Signavio, Aeneis, BIC oder ARIS.