BPMN 2012: Guidelines und praktische Anwendung

Die Anwendung der BPMN und entsprechende Guidelines standen im Mitelpunkt der Key Note von Jakob Freund von Camunda. Die Guidelines beziehen sich auf unterschiedliche Szenarien, z. B. Organisationsprojekte oder IT-Projekte mit oder ohne Process Engine. In jedem Projekt werden zunächst mehrere Fragen geklärt, nämlich die beteiligten Rollen, die einzusetzenden Methoden, Werkzeuge und die Prozesse des Prozessmanagements.

Zum Thema Komplexität der BPMN stellte Freund die Frage: Wann ist ein Diagramm verständlich? Das hängt nicht unbedingt mit der Zahl der verwendeten Symbole zusammen. Er zeigte ein Diagramm in einer sehr einfachen Notation, das von den Fachanwendern als zu komplex empfunden wurde. Dasselbe Diagramm in BPMN wurde trotz einer größeren Zahl von verschiedenen Symbolen besser verstanden. Dabei müssen die Modelle natürlich gut und aussagekräftig sein. Das Problem ist also nicht unbedingt das Verständnis der Modelle, sondern die Erstellung. Gute Modelle zu erstellen ist schwierig. Eine Empfehlung ist, auch fachliche Modelle so zu gestalten sein, dass sie zumindest prinzipiell durch eine Engine ausführbar wären.

Man sollte die Symbolpalette nicht vorschnell zu stark verkleinern. Wichtig sind vor allem auch weitere Festlegungen, wie z. B. einheitliche Benennungen, ein vernünftiges Layout (Modelle nicht zu groß) und Patterns. Weitere Empfehlungen: Guidelines sollten web-basiert erstellt werden. Die Regeln können unterschiedliche Verbindlichkeiten haben (verpflichtend – in begründeten Fällen darf man abweichen – Empfehlung). Die Formulierung in Form von Checklisten hilft bei der Überprüfung, ob man alles eingehalten hat. Hilfreich sind Beispiele und negative Gegenbeispiele. Und natürlich gehören Design Patterns zu den Guidelines. Beispiele sind die Rückgabe von Ergebnissen aus Unterprozessen und ihre Auswertung an einem Gateway oder die Modellierung mehrerer Beteiligter an einer Aktivität mit Hilfe von zusätzlichen Artefakten.

Schließlich plädierte Freund für agile Vorgehensweisen, bei denen Fachabteilung und IT eng miteinander zusammenarbeiten. Das IT-bezogene Modell ist dabei nicht zwangsläufig eine reine Verfeinerung des fachlichen Modells. Implementierungsbezogene Modellinhalte sind schließlich häufig fachlich motiviert. Er zeigte ein Beispiel eines technischen Modells, das fachlich aussagekräftig ist. Das Modell wird von Kollegen aus IT und Fachbereich gemeinsam diskutiert und weiterentwickelt.

Anwendervorträge

Der Nachmittag stand im Zeichen der BPMN-Anwendung. Wie die Versicherungsbranche die BPMN zur Normierung von Prozessen zwischen verschiedenen Geschäftspartnern nutzt, erläuterte Martin Bierlein. Er ist fachlich-technischer Koordinator der BiPRO, eines Standardisierungsvereins für  e-Business in der Versicherungs- und Finanzbranche. Die BiPRO erstellt Normpakete für die verschiedenen e-Business-Szenarien. Diese umfassen eine Dokumentation, UML-Modelle für die Daten und BPMN-Modelle für die Abläufe, sowie generierte XML-Schemata etc. Auch für die eigenen Prozesse, z. B. die Erstellung neuer Normen, und die internen Prozesse der Geschäftsstellen, wird BPMN eingesetzt.

Welche Erfahrungen wurden mit der BPMN gemacht? Die Notation ist leicht verständlich und wird erfolgreich interdisziplinär eingesetzt. Für die Normierung hilft die BPMN, eindeutige und vollständige Spezifikationen zu erstellen. Eine Herausforderung ist die technische Umsetzung in Schnittstellenbeschreibungen. Insbesondere erweist sich das Fehlen von Datenstrukturen als hinderlich.

Henrik Leopold forscht an der Berliner Humboldt-Universität. Sein Vortrag behandelte ein Verfahren zur Generierung von Beschreibungstexten aus BPMN-Modellen, z. B. Arbeitsanweisungen oder Testfällen. Auch wenn in anderen Vorträgen die leichte Verständlichkeit von BPMN-Modellen hervorgehoben wurde, gibt es doch öfter das Problem, das Modelle nicht akzeptiert werden. Häufig werden daher zusätzlich beschreibende Texte gefordert. Ziel der Arbeit ist es, solche Texte automatisch zu erstellen. Eine einfache Möglichkeit ist es, Platzhalter von Satzschablonen mit Modellinhalten zu füllen. Die erstellten Texte sind dann aber sehr schematisch. Leopold erläuterte die Herausforderungen bei einer richtigen Textgenerierung und seine Lösungsansätze. Beispielsweise ist es schwierig, aus der Bezeichnung einer Aktivität wie „Prüfe Auftrag“ den Namen des Business Objekts „Auftrag“ und das Verb herauszufinden. Hier nutzt Leopold den Kontext der Nachbarobjekte.

Das Ende des Vortrags und die letzten beiden Vorträge konnte ich leider nicht mehr anhören. Armin Scherz von HMP stellte Erfahrungen aus einem Projekt der Hausverwaltungsfirma  Wiener Wohnen zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit vor, wo die BPMN als Werkzeug zur Unterstützung des Prozess-Redesigns eingesetzt wird. Das Projekt war einer der Preisträger auf dem diesjährigen Process Solution Day. Schließlich stellte Ralf Wilhelm von der MID GmbH vor, wie die BPMN für die Umsetzung von Prozessen mit SAP eingesetzt werden kann. Hierzu wurde eine Integration des BPMN-Modellierungstools Innovator for Business Analysts mit dem SAP Solution Manager geschaffen.

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