Meist werden für die fachliche Prozessmodellierung und die Prozessausführung unterschiedliche Systeme eingesetzt. Zwar bieten einige BPMS-Hersteller auch Wertschöpfungskettendiagramme und ähnliches an, doch bleiben die Fähigkeiten zur fachlichen Prozessdokumentation und -analyse meist weit hinter den reinen Prozessmodellierungswerkzeugen zurück. Eine positive Ausnahme stellt die FireStart BPM Suite von Prologics dar. Die Plattform ermöglicht eine kollaborative Modellierung in einer benutzerfreundlichen grafischen Modellierungsumgebung, die über das gewohnte Look and Feel von Office-Produkten verfügt. Die Modelle werden in einem zentralen Repository abgelegt. Die Publikation der Modelle in einem Prozessportal und die Generierung von Prozesshandbüchern werden ebenso unterstützt wie eine Versionsverwaltung und die revisionssichere Ablage der Modelle. Das rollenbasiert anpassbare Prozessportal verfügt über eine moderne, mit HTML 5 realisierte Oberfläche. Die leistungsfähige Suche und weitere Funktionen werden mittels bei Bedarf eingeblendeter Overlay-Menüs aufgerufen, wie man sie z. B. aus Google Maps kennt.
Neben den Prozessen lassen sich u. a. auch Prozesslandkarten, Organigramme, Datenmodelle, IT-Landschaften und Risiken modellieren und auf einfache Weise mit den Aktivitäten in den Prozessmodellen verbinden. Damit ist eine durchgängig integrierte Unternehmensmodellierung möglich. Insbesondere im Zusammenhang mit BPMN-Modellen ist dies nicht selbstverständlich – selbst prominente Modellierungsplattformen weisen hier oftmals Schwächen auf, wie diese Untersuchung zeigt. Der Clou: Bei der Darstellung der Prozessmodelle kann man jederzeit zwischen der Darstellung in BPMN und EPK umschalten und in der jeweils anderen Notation weitermodellieren. In der EPK-Darstellung werden zugeordnete Organisationseinheiten, IT-Systeme u. ä. als eigene Objekte dargestellt, die über Pfeile mit den jeweiligen Aktivitäten verbunden sind. In der BPMN-Darstellung wird durch kleine Icons in den Aktivitäts-Symbolen angezeigt, zu welchen weiteren Objekttypen Verbindungen bestehen. Diese Möglichkeit des Wechsels zwischen BPMN und EPK dürfte insbesondere die Akzeptanz in Fachabteilungen erhöhen, die vielerorts die EPK-Darstellung gewohnt sind.
Internationale Unternehmen werden sich über die integrierte Übersetzungsfunktion freuen, die die Modelle ohne weiteres Zutun in eine Vielzahl von Sprachen übersetzen kann. Auch wenn eine automatisierte Übersetzung nicht immer perfekt sein dürfte, erleichtert sie das Verständnis der Modelle in verschiedenen Landesniederlassungen immens.
Für die Prozessanalyse stehen spezielle Ansichten der Prozesse zur Verfügung. So kann man sich den zeitlichen Verlauf eines Prozesses in Form eines Gantt-Charts anzeigen lassen. Verändert man die Zeiten einzelner Prozess-Schritte, so wird direkt die Auswirkung auf die Gesamtdurchlaufzeit deutlich. Da FireStart die Prozesse im Gegensatz zu reinen Modellierungswerkzeugen auch ausführen kann, ist eine solche Durchlaufzeitenanalyse nicht nur auf der Grundlage von Vorgabewerten möglich, sondern auch auf Basis der echten Daten ausgeführter Prozessinstanzen. In einer Matrixdarstellung können Prozesskosten analysiert und den einzelnen Aktivitäten Hinweise auf Schwachstellen und Verbesserungsvorschläge zugeordnet werden.
Die integrierte Modellierung von Prozessen, Organigrammen, Daten usw. ist nicht auf eine fachliche Betrachtung beschränkt. Sie wird auch beim Übergang zur Prozessausführung genutzt. So werden etwa die fachlichen Datenobjekte um technische Details ergänzt, so dass sie bei der Prozessausführung zur Aufnahme konkreter Daten dienen können. Den Organisationseinheiten aus dem Organigramm werden konkrete Benutzern zugeordnet, und modellierte IT-Systeme werden mit Schnittstellen- und Aufrufinformationen hinterlegt. Die ausführungsbezogene Konfiguration der Modelle wird dem Modellierer an vielen Stellen erleichtert. Zieht man etwa ein Datenobjekt auf einen Benutzer-Task, so stehen die betreffenden Datenfelder direkt im Formular dieses Tasks zur Verfügung.
Auch bei der Prozessausführung macht sich die Integration der fachlichen Prozessmodellierung im selben Tool bezahlt. So ist das Portal, das die am Prozess beteiligten Bearbeiter nutzen, dasselbe, das zur Publikation der Prozessmodelle dient. Man kann sich somit bei der Prozessdurchführung jederzeit über die Prozesse informieren. Zudem können laufende Prozessinstanzen im Prozessmodell verfolgt werden. Das Portal ist responsiv gestaltet, so dass auch eine komfortable Bearbeitung auf Tablets und Smartphones möglich ist, auch mit Gestensteuerung. Zudem wird eine Integration in Microsoft Sharepoint und Outlook angeboten. Damit können Mitarbeiter ihre Aufgaben über den gewohnten Maileingang erhalten und die zugehörigen Formulare komplett in Outlook bearbeiten ohne in das separate Portal wechseln zu müssen. Generell spielt FireStart seine Stärken in der Integration mit Microsoft-Produkten aus. Daneben stehen aber auch Konnektoren zu SAP und anderen Systemen zur Verfügung, und natürlich werden auch verschiedene Standards wie Web Services unterstützt.
Bei der jüngsten BPM-Studie des Fraunhofer IESE landete FireStart im Spitzenfeld. Das System schnitt in den meisten untersuchten Kategorien überdurchschnittlich ab. Dass es insbesondere in der Kategorie „Prozessmodellierung“ vor allen anderen BPM-Systemen landete, überrascht angesichts der Funktionsvielfalt der Modellierungskomponente nicht.