Die Berliner Firma Camunda ist noch ein recht junger Player im BPMS-Markt. In den zwei Jahren, die das aus dem Open Source-Projekt Activiti hervorgegangene System „Camunda BPM“ verfügbar ist, wurde bereits eine Reihe namhafter Kunden gewonnen, darunter der Internet-Provider 1&1, der Internet-Händler Zalando und Lufthansa Technik. Auch international kann das Softwarehaus zahlreiche Referenzen aufweisen, z. B. die amerikanische Financial Industry Regulatory Authority, Sony DADC New Media Solutions und Allianz Life Indonesia. Zumeist setzen die Kunden die BPM-Plattform für wettbewerbsentscheidende Kernprozesse ein, wie etwa die Auftragsabwicklung oder die Schadensfallabwicklung in Versicherungen. Dabei beweist das BPM-System seine Skalierbarkeit: So werden in einigen Installationen monatlich hunderttausende von Prozessinstanzen abgearbeitet.
Mit seinem Ansatz des „Entwickler-freundlichen BPM“ geht Camunda einen etwas anderen Weg als viele herkömmliche BPMS-Anbieter, die auf eine weitgehend komplette Spezifikation der Workflows durch Modelle und Konfigurationseinstellungen setzen, ggf. an einzelnen Stellen ergänzt durch kleinere Programmcode-Fragmente. Zwar setzt auch Camunda auf die grafische Prozessmodellierung mit BPMN, doch erfolgt die Entwicklung der eigentlichen Prozessanwendung mit Benutzungsoberfläche, Anwendungslogik etc. in Java. Entsprechend bietet Camunda BPM zahlreiche Möglichkeiten zur Integration der Process Engine in Java-Anwendungen, wobei verschiedene Frameworks und Applikationsserver unterstützt werden.
Neben einer kompletten Einbettung in die jeweilige Anwendung kann die Process Engine auch als Container-Service auf einem Applikationsserver laufen und von unterschiedlichen Anwendungen auf diesem Server genutzt werden. Mit der jüngst erschienenen Version 7.3 wurde die Zahl der unterstützten Applikationsserver und Datenbankversionen erweitert. Dies ist insbesondere deswegen eine Herausforderung, weil speziell für die verschiedenen Systeme optimierter Code enthalten ist.
Eine neue Funktion ist die Modifizierbarkeit laufender Prozessinstanzen. So kann man einzelne Prozessschritte auslassen oder wiederholen. Der Zustand einer Prozessinstanz lässt sich beliebig verändern, d. h. man kann den Token, der den aktuellen Zustand repräsentiert, an eine komplett andere Stelle des Prozessmodells verschieben. Camunda-Geschäftsführer Jakob Freund nennt die Funktion auch „Tokens beamen“. Dabei wird man vom System gewarnt, denn man kann auf diese Weise leicht einen inkonsistenten Zustand herbeiführen. Richtig angewendet kann das Beamen von Tokens jedoch sehr nützlich sein, etwa um Prozessinstanzen zu reparieren, zu migrieren oder eine Prozessanwendung zu testen.
Weitere Neuerungen sind ein sehr ausgefeiltes Berechtigungskonzept, ein Plugin-Mechanismus für die Taskliste sowie eine Reihe von Verbesserungen existierender Funktionen. Für die nächste Version, die im November erscheinen soll, plant Camunda die Unterstützung der Decision Modeling Notation (DMN) zur Modellierung und Ausführung von Entscheidungsregeln in Geschäftsprozessen.
Die Open Source-Version des Systems kann unter camunda.org heruntergeladen werden.