Die meisten Prozessmodellierungswerkzeuge setzen auf eine allgemein verwendbare Prozessnotation wie BPMN oder EPK. Damit lassen sich Prozesse aus beliebigen Branchen in jedem gewünschten Detaillierungsgrad darstellen. Die an der Universität Münster entwickelte PICTURE-Methode verfolgt einen anderen Ansatz. Sie dient speziell zur Modellierung fachlicher Abläufe in der öffentlichen Verwaltung. Hierfür stehen 24 vorgefertigte Prozessbausteine zur Verfügung. Damit lassen sich laut den PICTURE-Entwicklern alle Verwaltungsprozesse beschreiben, was sie in zahlreichen Projekten erfolgreich zeigen konnten.
Die vordefinierten Bausteine repräsentieren fachliche Aufgaben auf einheitliche Weise. Die Bezeichnungen entstammen dem Verwaltungsbereich, so dass sich die Mitarbeiter leicht damit identifizieren und ihre eigenen Prozesse modellieren können. Beispiele für solche Modellierungsbausteine sind etwa „Formell prüfen“ oder „Daten in EDV übernehmen“. Die Bausteine sind in fünf Kategorien gegliedert: Inhaltliche Verwaltungsarbeit, Verschriftlichung/Dokumentation, Medienwechsel, Informationsbeschaffung/Koordination und Informationsflüsse.
Zur PICTURE-Methode existiert auch ein Tool. Dieses wird von der PICTURE GmbH entwickelt und vertrieben, die vor acht Jahren aus einem Forschungsprojekt entstand. Das Werkzeug verfügt über eine Web-basierte Oberfläche und kann wahlweise als Cloud-Lösung genutzt oder beim Kunden selbst installiert werden. Die Modellierung erfolgt darin typischerweise zunächst auf der Ebene von Teilprozessen. In einem zweiten Schritt werden für die einzelnen Teilprozesse ggf. unterschiedliche Varianten angelegt. Schließlich werden die einzelnen Teilprozessvarianten mit Hilfe der bereits erwähnten Prozessbausteine näher beschrieben. Das Werkzeug generiert hieraus die Prozessgrafik, d. h. es ist nicht nötig, die Bausteine manuell zu platzieren und miteinander zu verbinden.
Die Prozessbausteine lassen sich jeweils mit Hilfe von Attributen näher beschreiben und mit Organisationseinheiten, IT-Systemen und weiteren Ressourcen verbinden. Der Zusammenhang zwischen den modellierten Prozesse wird mit Hilfe von Prozesslandkarten dargestellt. Die PICTURE-Software bietet weiterhin zahlreiche Analyse- und Reportingfunktionen und ein Prozessportal. Unter anderem können die Prozessmodelle auch als Grundlage für die Personalbemessung herangezogen werden. Die Modelle können in verschiedenen Formaten exportiert werden, unter anderem auch in BPMN, so dass ein Austausch auch mit Werkzeugen möglich ist, die die PICTURE-Notation nicht beherrschen. BPMN wird auch als alternative Notation zur Modellierung angeboten. Dabei werden die Prozessbausteine der PICTURE-Methode als BPMN-Tasks mit entsprechenden Icons abgebildet.
Die PICTURE-Software ist vor allem in Deutschland bei zahlreichen Verwaltungen aller Ebenen im Einsatz, daneben aber auch z. B. bei Verbänden und Hochschulen. Weitere Informationen finden sich auf der Website der PICTURE GmbH.