Buch mit Anleitung zur Erstellung von Prozessapplikationen mit Bonita

Cover Designing Efficient BPM ApplicationsDas vorliegende, englischsprachige Buch führt in die Entwicklung von Prozessanwendungen mit dem BPM-System „Bonita“ ein, dessen kostenfreie Community Edition ich selbst auch in der Lehre einsetze und in meinem BPMS-Buch verwende. Die Möglichkeit zur Erstellung kompletter Prozessanwendungen wurde vergangenes Jahr zusammen mit einigen weiteren Neuerungen in Bonita-Version 7 eingeführt.

Bei vielen BPMS-Installationen bildet eine Task-Liste das zentrale User-Interface. Sie enthält alle von einem Mitarbeiter durchzuführenden Aufgaben, die aus unterschiedlichen Prozessen stammen können. Im Gegensatz dazu hat eine Prozessanwendung eine individuell angepasste Oberfläche. Für den Benutzer ist es gar nicht unmittelbar ersichtlich, dass er mit einem BPMS arbeitet. Als Beispiel wird in dem Buch eine Reisekosten-Anwendung entwickelt. Einstiegspunkt ist eine Webseite mit einer Übersicht der eigenen Reiseanträge und ihrem Genehmigungsstatus. Von hier aus kann man neue Reiseanträge stellen oder vorhandene ändern bzw. stornieren. Dabei wird dann jeweils ein Prozess gestartet. Vorgesetzte sehen auf der Startseite zudem die von ihren Mitarbeitern gestellten Anträge und können diese genehmigen oder ablehnen.

Das Buch führt einen nacheinander durch die einzelnen Schritte zur Entwicklung dieser Prozessanwendung. Zunächst wird die als Startseite dienende Webseite erstellt und mit manuell eingegebenen Beispieldaten getestet. In den weiteren Schritten wird das BPMN-Modell des Reisekostenantrags aufgebaut und sukzessive erweitert. Hinzu kommen die Zuordnung zu den Bearbeitern, das Datenmodell, die Benutzerdialoge für die einzelnen Schritte, die Formulierung von Bedingungen an Verzweigungen, sowie Schnittstellen zu externen Systemen, etwa zum automatischen Versand von E-Mails. Für den Fall, dass ein Manager die Bearbeitung eines Antrags vergisst, werden verschiedenen Eskalationsschritte eingebaut. In der Endausbaustufe der Anwendung spielen mehrere Prozesse zusammen. So sorgt etwa der Prozess zum Stornieren eines Antrags dazu, dass der zugehörige, ggf. noch laufende Antragsprozess abgebrochen wird.

Die einzelnen Schritte sind sehr detailliert beschrieben, so dass sie sich gut am System nachvollziehen lassen. Möchte man das Beispiel hingegen nicht selbst mit dem Bonita-System umsetzen, so lohnt sich die Lektüre weniger, da allgemeine Ausführungen im Vergleich zu den Schritt-für-Schritt-Anleitungen nur einen kleinen Teil einnehmen. An den meisten Stellen wird ganz gut erklärt, warum was gemacht wird. Leider ist dies bei einigen Parametern und Einstellungen für die Benutzeroberfläche nicht immer der Fall. Hier muss manchmal einfach ein Stück Code abgetippt werden, ohne dass er im Einzelnen erläutert wird. Das erschwert es, die Inhalte später auf eigene Entwicklungen zu übertragen.

An einer Stelle muss auch eine auf der Website zum Buch bereitgestellte Erweiterung, eine sogenannte „REST API Extension“, importiert werden. Leider funktionierte diese bei mir im Beispielprozess nicht so wie beschrieben. Eventuell hängt dies damit zusammen, dass ich eine neuere Bonita-Version einsetze als die im Buch verwendete. Leider lassen sich solche REST API-Extensions auch nur in der kostenpflichtigen Bonita-Edition selbst erstellen, so dass sie auch nicht näher untersucht werden konnte. Auch eine im Buch vorgestellte Integration mit dem Google-Kalender lässt sich leider nur nutzen, wenn man einen kostenpflichtigen Google Apps Service Account besitzt.

Trotz der genannten Einschränkungen ist das Buch für jeden nützlich, der sich ernsthaft in das System einarbeiten möchte, da es die verschiedenen auf der Website von Bonita bereitgestellten Tutorials und Dokumentationen um eine Reihe aufschlussreicher Beispiele zur Lösung verschiedener Fragestellungen ergänzt.


Christine McKinty, Antoine Mottier:
Designing Efficient BPM Applications: A Process-Based Guide for Beginners
O’Reilly, 2016
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