Insgesamt zehn Unternehmen berichten in dem neu erschienenen Praxisband über ihre z. T. bereits langjährigen Erfahrungen mit dem Prozessmanagement. Darunter finden sich so klangvolle Namen wie Bayer, Deutsche Post, Merck und Boehringer Ingelheim. Auch das Softwarehaus SAP gewährt einen Einblick in das Management der eigenen Geschäftsprozesse.
Ein Beitrag des Landschaftsverbands Rheinland zeigt auf, wie Prozessmanagement in einer dezentralen Behörde funktionieren kann. Und dass das Thema nicht nur etwas für Großunternehmen ist, beweist der mittelständischen Lebensmittelhersteller Taifun-Tofu mit seinem Bericht vom erfolgreichen Aufbau eines integrierten Managementsystems.
Die vorgestellten Praxisbeispiele haben ganz unterschiedliche Schwerpunkte, wie z. B. den Aufbau eines konzernweiten Prozessmanagements, die weltweite Prozess-Harmonisierung oder die Process Governance. In anderen Initiativen geht es um die Automatisierung variantenreicher Prozesse, Six Sigma und Lean Management, oder standardisierte Informations- und Entscheidungsprozesse für die Strategieumsetzung.
Die beschriebenen Initiativen laufen bereits seit längerer Zeit, und die Autoren verschweigen auch nicht, welche Probleme und Hürden es zu überwinden galt, bis die jeweiligen Prozessmanagement-Aktivitäten akzeptiert wurden und sich nachhaltige Erfolge einstellten. In etlichen Beiträgen wird deutlich, dass der beschrittene Weg deutlich mühsamer und langwieriger war, als ursprünglich angenommen. Doch meist wird ebenso deutlich, dass es sich gelohnt hat. Alle Autoren können einen klaren Nutzen benennen, z. B. Qualitätsverbesserungen, Kosteneinsparungen, bessere Entscheidungsgrundlagen oder die Erfüllung von Compliance-Anforderungen.
Eingeleitet wird der Band mit einer Zusammenfassung der Studie „BPM Compass“, die einen guten Überblick über den gegenwärtigen Stand des Prozessmanagements gibt. Die beiden Herausgeber geben selbst ebenfalls eine Einschätzung aktueller Herausforderungen und Lösungsansätze. Komus diskutiert, welche neue Entwicklungsmöglichkeiten sich durch die Digitalisierung ergeben. Als Antwort auf die zunehmende Komplexität befürwortet er den verstärkten Einsatz agiler Methoden im Prozessmanagement.
Hofmann benennt in seinem Beitrag Kritikpunkte an herkömmlichen Prozessmanagement-Ansätzen, wie z. B. die fehlende strategische Verankerung, die einseitige Fokussierung auf Methoden und Tools, oder die mangelnde Integration bestehender Ansätze.
Ausgehend von seinen Praxiserfahrungen schlägt er einen Rahmen für „Next Generation Process Excellence“ vor. Neben bekannten Elementen enthält dieser Rahmen explizit ein Vorgehen zur strategischen Verankerung des Prozessmanagements, die integrierte Steuerung eines Portfolios verschiedener Projekttypen (darunter insbesondere auch Innovations- und Digitalisierungsvorhaben), und die bewusste Trennung von übergreifender Architektur und BPM-Support-Dienstleistungen.
Neben diesen beiden Diskussionsbeiträgen zur Weiterentwicklung des Prozessmanagements ist es insbesondere die ausführliche Darstellung der Praxisfälle und der gewonnenen Erfahrungen, die das Buch zu einem Must-Read für jeden machen, der in das Prozessmanagement im eigenen Unternehmen involviert ist.
Komus, A.; Hofmann, R.:
Praxisbuch Prozessmanagement.
BPM erfolgreich etablieren und nachhaltig verankern.
Hanser 2018.
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