Seit kurzem kann bei BPTrends die neueste Ausgabe der Studie zum Stand des Prozessmanagements heruntergeladen werden. Sie erscheint alle zwei Jahre. Die insgesamt 129 Teilnehmer stammen aus der ganzen Welt, mit den Schwerpunkten Nordamerika und Europa. Da sie über die Website von BPTrends gewonnen wurden, dürfte es sich vorwiegend um Menschen handeln, die sich beruflich mit dem Thema Prozessmanagement befassen oder speziell dafür interessieren.
Als Grundtendenz stellte sich heraus, dass viele Unternehmen sich in der einen oder anderen Weise mit ihren Prozessen befassen – allerdings mit wesentlich weniger Enthusiasmus und weniger Engagement der Führungskräfte, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Größere Prozessinitiativen, so die Beobachtung der Studien-Autoren, scheinen meist dann gestartet zu werden, wenn es einen Hype gibt, wie dies zu Zeiten der „Business Reengineering“-Welle, dem Aufkommen von ERP-Systemen oder später BPM-Systemen zur Prozessautomatisierung der Fall war. Anschließend flaut das Interesse wieder ab, und die Arbeit an den Prozessen wird den operativen Managern überlassen. Harmon und Garcia vermuten, dass man auf das „nächste große Ding“ im Prozessmanagement warten müsse, damit das Interesse wieder geweckt werde.
Der Begriff „Prozess“ erfährt momentan wesentlich weniger Aufmerksamkeit als die „Digitale Transformation“, wobei viele Initiativen zur Digitalisierung nichts anderes als seien als umfangreiche Projekte zur Prozessoptimierung mit Hilfe von IT und Automatisierung. Somit dürften viele Prozessmanagement-Initiativen unter einer anderen, derzeit beliebteren Überschrift laufen.
Andererseits sieht die Mehrzahl der Befragten (70%) nach wie vor Kostenreduktionen und Produktivitätssteigerungen als Hauptziele des Prozessmanagements. Nicht einmal halb so viele Teilnehmer (30%) nannten als Zielsetzung, neuartige Produkte zu schaffen oder neue Geschäftsfelder zu erschließen. Ebenfalls nur 30% streben eine höhere Kundenzufriedenheit an. Nach wie vor scheint das Prozessmanagement also vorrangig eine Innensicht mit Blick auf Effizienzsteigerungen zu verfolgen, als aktiv Innovationen zu unterstützen.
Auch der Einsatz von Prozessmanagement-Tools wurde untersucht. So setzen 70% der Befragten bereits Tools zur Prozessmodellierung ein, die restlichen planen dies im Laufe der nächsten 12 Monate. Allerdings ist nur gut die Hälfte der Anwender mit ihrem Tool zufrieden. Als größter Nutzen des Tooleinsatzes wird die Verbesserung der Zusammenarbeit empfunden.
Leider wurden die Tool-Kategorien und ihre Funktionalitäten in den Fragen nicht klar differenziert. So tauchen im Zusammenhang mit Werkzeugen zur „Modellierung der Prozessänderungs-Bemühungen“ Funktionen wie Prozessausführung und -monitoring auf. Es wird also nicht eindeutig zwischen Tools zur reinen Modellierung und solchen zur Automatisierung unterschieden, und es ist anzunehmen, dass die Studienteilnehmer verschiedene Vorstellungen mit den verwendeten Bezeichnungen der Softwarewerkzeuge verbinden. Dies schmälert den Erkenntnisgewinn aus der Studie.
Paul Harmon, Jorge Garcia:
The State of Business Process Management 2020
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