Zwar trägt es den Titel „Vom Geschäftsprozess zum Workflow“ (Anzeige), doch liegt der Fokus des Buches von Freund und Götzer nicht auf der reinen Prozessautomatisierung, sondern auf der integrierten Betrachtung der Organisations- und der IT-Perspektive. So werden zwar u. a. auch Business Process Management-Systeme (BPMS) und Standards wie BPEL und XPDL erläutert, doch wird der Einsatz von SOA und BPMS sehr differenziert gesehen. Sie stellen für die Autoren nur eine mögliche Komponente der Gestaltung von Prozessen dar.
Dementsprechend werden zunächst Anlässe und Ziele einer Prozessoptimierung erläutert. Zwar wird erwähnt, dass Prozessmanagement zunehmend als permanente Aufgabe gesehen wird, doch liegt der Schwerpunkt der Darstellung eher auf Reorganisationsprojekten als auf der dauerhaften Etablierung eines durchgängigen Prozessmanagements im Unternehmen. Recht breiten Raum nimmt die Prozessmodellierung ein. U.a. werden Vorschläge für das Vorgehen bei der Modellierung, die Auswahl von Modellierungsmethoden sowie Modellierungskonventionen vorgestellt.
Wie kommt man vom fachlichen Modell zum automatisierten Prozess? Dieser Frage ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Die Autoren stellen die verschiedenen prinzipiellen Wege dar, wie z. B. die manuelle Umsetzung in ausführbaren Code oder die manuelle Entwicklung eines technischen Modells mit anschließender Generierung eines Workflows. Als vielversprechend wird die Generierung eines technischen Proto-Modells mit manueller Vervollständigung und folgender Workflow-Generierung eingeschätzt. Leider wird diese Vorgehensweise nicht genauer erläutert. Dafür werden eine Reihe von Problemstellungen erläutert, die die automatisierte Umsetzung fachlicher Prozessmodelle, z. B. in EPK-Notation, erschweren.
Eine Hilfestellung bei der Auswahl von BPM-Tools – sowohl Modellierungs- und Analysetools, als auch BPMS zur Prozessausführung – bieten umfassende Tabellen, in denen die wichtigsten Funktionalitäten erläutert und hinsichtlich ihrer Relevanz für verschiedene Problemstellungen bewertetet werden. Mit BizAgi, Oryx und JBoss jBPM werden zwei konkrete Modellierungstools und eine Process Engine näher vorgestellt. Alle drei sind frei erhältlich. Auf kommerzielle, im Markt weit verbreitete Systeme wird hingegen nicht eingegangen, obwohl weiter vorne im Buch Beispiele aus solchen Tools verwendet werden, z. B. aus BONAPART oder ARIS. Die Ergebnisse einer Umfrage über den tatsächlichen bzw. geplanten von Einsatz BPM-Software schließen das Software-Kapitel ab. Unter dem recht breiten Begriff „BPM-Software“ verstehen viele Befragte vor allem Modellierungssoftware. Als wichtigste Eigenschaft derartiger Systeme wird eine einfache Bedienung genannt. Offensichtlich herrscht hier noch einiger Nachholbedarf bei manchen Software-Herstellern. Und: Für über ein Drittel der Anwender hat das eingesetzte System die Erwartungen höchstens teilweise erfüllt.
In den letzten Kapiteln des Buchs wird ein ausführliches Vorgehensmodell für Projekte zur Prozessoptimierung vorgestellt, wobei keine Einschränkung auf Workflow-Projekte erfolgt. Im Gegenteil, auch rein organisatorische Projekte sowie andere Formen der Prozessunterstützung durch IT werden explizit mit abgedeckt. Hierzu sind eine Reihe von Checklisten und Beispiele enthalten, die auch auf der Website zum Buch www.prozess-workflow.de heruntergeladen werden können. Eine Reihe der vorgestellten Aktivitäten und Methoden sind für alle Arten von Organisations- oder IT-Projekten von Nutzen, wie z. B. das prinzipielle Vorgehen zur Erstellung eines Business Case oder die Multifaktorenanalyse. Erfahrene Projektleiter dürften hier viel Bekanntes wiederfinden.
Generell werden insbesondere Einsteiger in die Thematik eine Reihe interessanter Anregungen bekommen. Die pragmatische, realistische Haltung der Autoren ermuntert zur kritischen Auseinandersetzung mit den zahlreichen hochgespielten Hype-Themen im Bereich Prozessmanagement.
Freund, Jakob; Götzer, Klaus:
Vom Geschäftsprozess zum Workflow. Ein Leitfaden für die Praxis.
Hanser, München 2008.
Das Buch bei amazon (Anzeige)
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Zwar trägt es den Titel “Vom Geschäftsprozess zum Workflow“, doch liegt der Fokus des Buches von Freund und Götzer nicht auf der reinen Prozessautomatisierung, sondern auf der integrierten Betrachtung der Organisations- und der IT-Perspektive.
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Durch die Lekture (insb. durch die Beiträge von Dr Götzer) konnten wir für die Prozess- und Systemintegration einige Erkenntnisse gewinnen.
Wünschenswert wäre eine neue aktualisierte Aufgabe.