„Green IT“ ist nach wie vor in aller Munde. Meist geht es vor allem darum, den Energiebedarf von Computern zu reduzieren, und vielleicht noch um das Thema Rohstoffe und Recycling von Hardware. Das alleine ist aber nicht alles. Durch den intelligenten Einsatz von IT lassen sich nämlich an anderer Stelle Energieverbrauch, Rohstoffbedarf und Emmissionen unter Umständen in wesentlich größerem Umfang einsparen. Wenn IT-Lösungen beispielsweise dazu eingesetzt werden, die Logistikplanung zu verbessern, können dadurch zahlreiche Transporte eingespart und damit der CO2-Ausstoß verringert werden.
Und damit sind wir bei den Geschäftsprozessen. Wie Hans Ulrich Buhl und Jürgen Laartz in diesem Editorial der Zeitschrift „Wirtschaftsinformatik“ schreiben, liegt das hauptsächliche Einsparpotenzial der IT in ihrem branchen- und wirtschaftsübergreifenden Einsatz zur Steigerung der Effizienz von Geschäftsprozessen. Sie verweisen auf eine McKinsey-Studie, nach der das Einsparpotenzial hierdurch insgesamt 7.300 Millionen Tonnen CO2 beträgt. Durch das reine Ersetzen von Hardware mit „Grüner IT“ ließen sich hingegen nur 500 Millionen Tonnen CO2 einsparen.
Ähnlich argumentiert Laura Mooney in diesem Artikel in der NetworkWorld. Sie verweist darauf, dass sich durch Prozessautomatisierung nicht nur eine Menge Papier einsparen lässt, sondern z. B. auch Energie durch eingesparte Reisen, wenn die an einem Prozess Beteiligten über eine virtuelle Plattform zusammenarbeiten. Ebenso bieten Prozessoptimierungen die Chance, das Material einzusparen, das bisher durch ineffiziente Fertigungsprozesse verschwendet wird.
Vor diesem Hintergrund scheint es an der Zeit, die bekannten Methoden zur Analyse und zum Controlling von Geschäftsprozessen um Kriterien und Kennzahlen für deren Auswirkungen auf die Umwelt zu erweitern. Im einfachsten Fall kann diese ein Vergleich von Soll- und Ist-Prozess hinsichtlich des Energieverbrauchs sein. Dabei ist aber nicht nur der Energieverbrauch für die Durchführung des Prozesses zu berücksichtigen, sondern auch der durch den Prozess an anderer Stelle verursachte Energieverbrauch, z. B. durch verursachte Transportvorgänge. Aufwändiger wäre der Versuch, eine Art „ökologischen Footprint“ für jeden Prozess zu bestimmen. Es werden praktisch handhabbare und zugleich im Sinne des Umweltschutzes wirksame Kriterien benötigt.
Genau in die gleiche Kerbe hat Herr Jansen vom BMBF in seiner Keynote bei der SE2009 Konferenz letzten Freitag geschlagen (meine Zusammenfassung siehe: http://sebstein.hpfsc.de/2009/03/06/software-engineering-konferenz-2009-teil-2/). Auch er sagte, das wirkliche Einsparpotential liegt nicht bei Energieeffizienz, sondern bei effizienten Geschäftsprozessen. Scheint, es sind sich hier alle einig. Jetzt fehlt nur noch die Umsetzung.
Gruß,
Sebastian