Das englischsprachige Büchlein „BPMN Pocket Reference“ stellt eine handliche Übersicht über die verschiedenen BPMN Konstrukte dar, die man gut auf dem Schreibtisch liegen haben kann, um beim Modellieren gelegentlich einmal kurz nachzulesen, was ein bestimmtes BPMN-Element genau bedeutet. Das findet der eine oder andere vielleicht etwas praktischer als eines der beliebten BPMN-Poster, wie z. B.
dieses. Um die BPMN zu lernen, eignet sich das Buch nicht, denn bei der Erklärung der verschiedenen Konstrukte werden oftmals Begriffe gebraucht, die erst später erklärt werden. Generell sind die Beschreibungen auch zu knapp für Einsteiger.
Leider kann man das Buch auch nicht als Nachschlagewerk für fortgeschrittene Modellierer empfehlen, denn eine Reihe von Erklärungen und Beispiele stimmen nicht mit der BPMN-Spezifikation überein. So sind beispielsweise die Erläuterungen zu so zentralen Elemente wie dem inklusiven Gateway (als Zusammenführung) oder dem ereignisbasierten exklusiven Gateway schlichtweg falsch. Beim inklusiven zusammenführenden Gateway wird behauptet, der Prozessfluss werde fortgesetzt, wenn der erste Input an einem der Eingänge ankommt. Weitere Inputs würden ignoriert (S. 58). Dass manche Process Engines den inklusiven Gateway als Zusammenführung tatsächlich so oder ähnlich interpretieren, macht die Erklärung nicht richtiger. In Wahrheit werden an einer inklusiven Zusammenführung mehrere eingehende Marken synchronisiert (sofern mehr als eine Marke zu dem Gateway unterwegs ist).
Auf einen ereignisbasierten Gateway müssen laut Spezifikation an allen ausgehenden Sequenzflüssen empfangende Zwischenereignisse oder Receive Tasks folgen. Sherry hingegen zeigt ein Beispiel, bei dem einmal ein unbestimmter Task und an einem anderen Ausgang ein sendendes Nachrichtenereignis folgt (S. 54). Ebenso falsch ist die dort zu findende Erläuterung, der Output-Pfad würde durch Bedingungen an den Sequenzflüssen bestimmt. Tatsächlich bestimmt jedoch das zuerst eintretende Zwischenereignis den zu wählenden Pfad.
Dies sind nur zwei eklatante Beispiele fehlerhafter Darstellungen. Dass Assoziationen gestrichelt statt gepunktet gezeichnet werden und bedingte Sequenzflüsse auch an Gateways fälschlicherweise mit Rauten gezeichnet werden, ist sicher weniger tragisch, trägt aber dennoch nicht zu einem positiveren Eindruck bei.
Kenneth J. Sherry:
BPMN Pocket Reference
Admaks Publishing, 2012
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