Wer sich mit Reifegradmodellen für das Prozessmanagement beschäftigt, stößt neben dem EDEN-Modell zumeist auch auf das Process and Enterprise Maturity Model (PEMM) von Michael Hammer, das er 2007 in der Harvard Business Review vorstellte. Seine Firma bietet seit Kurzem ein Online Assessment-Tool zu diesem Reifegradmodell an. Wie dies so üblich ist, handelt es sich dabei um eine stark verkürzte Fassung des Originalfragebogens. Mit insgesamt 15 Fragen soll eine erste, grobe Einschätzung gewonnen werden. Meist gilt es, eine Aussage zu bewerten, sinngemäß z. B. „In unserer Firma gibt es eine durchgängige Prozessverantwortung für jeden Prozess“. Nun muss man entscheiden, ob diese Aussage zutrifft, oder ob das eigene Unternehmen besser oder schlechter ist. Auch „ich bin mir nicht sicher“ wird als Antwortmöglichkeit angeboten.
Erst nachdem man alle Fragen beantwortet hat, wird einem eröffnet, dass man auch die grobe Übersichtsauswertung nur zu sehen bekommt, wenn man seine Daten eingibt. Als ich auch das getan hatte, kam die unerfreuliche Überraschung: Eine Auswertung sei nicht möglich, weil ich mindestens einmal „ich bin mir nicht sicher“ angegeben hatte.
Wieso wird diese Antwortmöglichkeit dann überhaupt angeboten? Zwischenzeitlich habe ich es noch einmal probiert, diesmal ohne mir irgendwelche Unsicherheiten zu leisten. Bislang warte ich noch auf die angekündigte E-Mail mit dem Link zur Auswertung.
Damit stellt sich die Firma Hammer und Company eine ganz schlechte Visitenkarte aus. Es ist wohl jedem klar, dass es sich bei einem solchen Online-Tool um ein Marketinginstrument handelt, mit dem man Kontakt zu potentiellen Kunden aufbauen möchte. Ich würde aber erstens erwarten, dass man es vorher gesagt bekommt, wenn man seine Kontaktdaten angeben muss. Zweitens sollte das Ganze auch für alle Antwortmöglichkeiten funktionieren. Ich hätte es mir ja gefallen lassen, wenn bei der dritten „unsicher“-Antwort ein Hinweis eingeblendet würde, dass zu viele dieser Antworten keine sinnvolle Auswertung mehr erlauben. Dazu gehört dann noch ein „zurück“-Button, damit man die Antworten noch ändern kann. Und drittens hat der Internet-Nutzer keine Lust, stundenlang auf die Mail mit der Auswertung zu warten.
Wer sich für das PEMM interessiert, sollte lieber auf den Original-Artikel von Michael Hammer zurückgreifen. Zwar ist der Artikel selbst kostenpflichtig, doch die Kriterienkataloge können kostenlos heruntergeladen werden.
Wirklich schade.
Das original PEMM ist wirklich interessant und durchdacht.
Übrigens gibt es eine darauf aufbauende Studie im Telco-Umfeld
http://www.detecon.com/en/publications/studies/download_study.html?unique_id=28538
Wenn man diese Studie weiter analysiert, kann man erkennen, dass die „Enterprise Maturity“ einen wichtigeren Hinweis auf die Performance gibt als die (reine) Process Maturity.
(Wer’s sich genauer anschauen will: s. bspw. Folie 42 dieses Vortrags, den ich vor längerer Zeit mal bei der DSAG gehalten habe
http://www.komus.de/fileadmin/downloads/public/2010-DSAG-BPM.pdf)