Immer mehr Hersteller von Modellierungstools bieten kostenlose Einsteigerversionen an, die ein unkompliziertes Ausprobieren der Grundfunktionalitäten im Rahmen kleinerer Szenarien ermöglichen. Auch die Bochumer Firma GBTEC hat jetzt eine Free Web Edition ihres Modellierungstools BIC Design veröffentlicht, mit der man nicht nur Prozesse in BPMN oder EPK modellieren kann, sondern auch Wertschöpfungsketten, Organigramme und IT-Landschaften. Daneben gibt es noch Universaldiagramme, in denen man sämtliche Freiheiten hat, beliebige Elemente miteinander zu verbinden. Die Modellierung erfolgt komplett im Browser. Allerdings werden die Modelle nicht wie bei anderen Tools in der Cloud gespeichert, sondern lokal auf dem Computer des Benutzers. Auch wenn der Computer offline ist, kann man weiter modellieren.
Eine Installation ist nicht erforderlich. Beim ersten Aufruf der Free Web Edition über den Link des Herstellers wird das Tool geladen. Die Modelle befinden sich ausschließlich im lokalen Speicher des Browsers. Beim nächsten Öffnen des Links stehen damit automatisch wieder die eigenen Modelle zur Verfügung. Das funktioniert auch dann, wenn man nicht im Internet ist. Lediglich für einige spezielle Funktionen, wie Export oder Drucken, muss man online sein. Das beschriebene Konzept hat allerdings zur Folge, dass die Modelle beim Leeren des Browser-Caches gelöscht werden. Man sollte seine Arbeitsergebnisse daher regelmäßig mit Hilfe der Export-Funktion sichern.
Beim Arbeiten mit der HTML 5-basierten Web-Oberfläche fällt nicht mehr auf, dass man im Browser arbeitet. Sämtliche Oberflächen-Elemente verhalten sich so, wie man es von lokalen Anwendungen gewohnt ist. So öffnen sich neue Modelle nicht etwa in gesonderten Browser-Tabs, sondern in der integrierten Modellierungsoberfläche. Die meisten Funktionen lassen sich komfortabel über Kontextmenüs der einzelnen Modellobjekte erreichen.
Der Funktionsumfang ist für ein kostenloses Tool beachtlich. Selbstverständlich können Modellhierarchien aufgebaut werden, wobei auch Modelle unterschiedlichen Typs einbezogen werden können. So kann man etwa dem Pool eines BPMN-Modells ein Organigramm hinterlegen. Die aufgebaute Modellhierarchie mitsamt den enthaltenen Objekten und ihren verschiedenen Attributen kann beispielsweise in Form von Prozesshandbüchern und Excel-Reports ausgewertet werden. Das Tool erkennt gleichnamige Objekte und fragt bei einer Namensänderung, ob alle Objekte desselben Namens mit geändert werden sollen. Allerdings funktioniert dies nur innerhalb eines Modells und nicht über verschiedene Modelle hinweg.
Vielfältige Formatierungsmöglichkeiten helfen dabei, optisch ansprechende Modelle zu entwickeln. Zwar mag es fast selbstverständlich erscheinen, dass man Modelle mit Freiformtexten und beliebigen grafischen Elementen anreichern kann, doch fehlt diese Möglichkeit bei manch anderem Tool, insbesondere bei reinen BPMN-Tools. Dass man ein komplettes Diagramm oder Teile davon um einen beliebigen Winkel neigen kann, ist noch weniger verbreitet. Zwar wird man nicht so häufig diagonale Modelle wie in der obigen Abbildung benötigen, doch ist es durchaus praktisch, ein Modell kurz einmal um 90 Grad kippen zu können, damit es besser auf eine Seite passt.
Das Modellieren funktioniert recht intuitiv. Lediglich wenn man den Verlauf von Kanten ändern möchte, muss man etwas herumprobieren, bis man den Bogen heraus hat, an welchen Stellen man die Kanten greifen muss um das gewünschte Resultat zu erreichen. BPMN-Modellierer werden sich wundern, warum man bei jeder Kante den gewünschten Kantentyp (Sequenzfluss, Nachrichtenfluss, …) auswählen muss. Schließlich ist in den meisten Fällen ja nur eine Kantentyp erlaubt. Auch finden keine weiteren Syntaxüberprüfungen statt. So wird man z. B. nicht daran gehindert, einen Nachrichtenfluss innerhalb eines Pools zu ziehen, obwohl die BPMN-Spezifikation dies verbietet.
Wer die Vollversion von BIC Design oder andere Repository-basierte Modellierungsplattformen kennt, wird die Möglichkeit zur Sichten-übergreifenden Integration und Navigation vermissen. So ist es beispielsweise nicht direkt möglich, alle Prozesse herauszufinden, an denen eine bestimmte Organisationseinheit beteiligt ist. Diese Features sind der Vollversion vorbehalten. Modelle, die man mit der Free Web Edition erstellt hat, können in die Vollversion übernommen werden.
Interessantes Einsteigerangebot – insbesondere für KMU und kleine Verwaltungsstellen. Man müsste aber den Mut haben, eine BPMN2-Export anzubieten. Damit könnte auch gleich demonstriert werden, dass man die Konkurrenz nicht fürchtet.
Gutes Tool. Online und Offline