Viel wird in jüngster Zeit über „New Work“ diskutiert. Wie kann Arbeit so gestaltet werden, dass sie Sinn stiftet und es den Menschen ermöglicht, ihr Potenzial zu entfalten, sodass Leben und Arbeit nicht mehr im Widerspruch stehen? Es liegt eigentlich auf der Hand, dass diese Frage auch Konsequenzen für Geschäftsprozesse und das Geschäftsprozessmanagement hat. Schließlich findet Arbeit meist in Prozessen statt. Dabei muss es sich keineswegs um starre, genau vorgegebene Abläufe handeln. Fälschlicherweise wird das Prozessmanagement häufig auf solche stark strukturierten Prozesse reduziert und deswegen als ungeeignet für flexible, selbst organisierte Arbeit angesehen. Doch auch wenn nicht jeder Schritt genau vorgeschrieben ist, handelt es sich dennoch um Prozesse. Und auch für solche schwach strukturierten Prozesse ist es beispielsweise wichtig, Ziele festzulegen und Verantwortlichkeiten zu definieren.
In diesem Artikel fordert Mirko Kloppenburg, langjähriger Prozessmanagement-Experte bei Lufthansa, den Menschen stärker in den Mittelpunkt des Prozessmanagements zu stellen. Hierzu gehört für ihn, den Menschen zu vertrauen und ihnen Handlungsspielräume zu geben. Aufgabe des Prozessmanagements ist es, die benötigten Voraussetzungen zur Erledigung der Aufgaben zu schaffen. Die an der Durchführung der Prozesse Beteiligten sind auch in die Gestaltung der Prozesse einzubeziehen. Hierzu gehören Möglichkeiten zur Diskussion und zum Informationsaustausch über digitale Plattformen und persönliche Treffen. Häufig haben einzelne Prozessbeteiligte gute Ideen. Diese sollten aufgegriffen und global zugänglich machen. Eine wichtige Rolle zur Verbreitung des Prozessdenkens und der Bewältigung von Veränderungen spielen rollenspezifisch zugeschnittene Schulungen.
Für besonders wesentlich hält er es, die Zusammenarbeit bei der Durchführung und der Gestaltung der Prozesse auf die Bedürfnisse der Menschen auszurichten. Beispielsweise spielt die Gestaltung der Räume und die Bereitstellung geeigneter Tools eine wichtige Rolle. Und schließlich geht es darum, dem Handeln – und damit der Organisation und den Prozessen – einen Sinn zu geben. Das Prozessmanagement beantwortet die Fragen „Was?“ und „Wie?“. Doch die Frage „Warum?“ wird aus Sicht der Mitarbeiter häufig nicht zufriedenstellend beantwortet. Hierzu ist laut Kloppenburg noch eine Menge Entwicklungsarbeit zu leisten.
Spannend finde ich in diesem Zusammenhang die Frage, wie dies bei Standardprozessen gelingen kann. In schwach strukturierten, wissensintensiven oder kreativen Prozessen, aber auch beispielsweise im sozialen oder pflegerischen Bereich finden viele Menschen zweifelsohne einen Sinn. Doch wie sieht dies bei reinen Routinetätigkeiten aus? Hier dürfte es vielfach schwer fallen, die Prozesse so umzugestalten, dass die Arbeit als erfüllend empfunden wird. Zumindest kurzfristig wird sich nicht jede Routinetätigkeit automatisieren lassen. Zumal dann ja für jeden betroffenen Mitarbeiter eine sinnstiftende Tätigkeit gefunden werden muss.