Für Dummies – jetzt auch BPM

Sind Sie ein BPM-Dummy?Die „Für Dummies“-Buchreihe des Wiley-Verlags erfreut sich großer Beliebtheit. Zu fast jedem denkbaren Thema sind verständliche Darstellungen für Einsteiger erschienen. Nun also auch für das Thema Business Process Management (BPM). Drei Besonderheiten weist das mit 78 Seiten recht kompakte Werk „BPM Basics for Dummies“ auf: Erstens ist es nur als elektronisches Buch erschienen, zweitens ist es kostenlos, drittens ist es geschrieben und gesponsort von der Firma Software AG, einem BPMS-Hersteller. Die Autoren Garimella, Lees und Williams sind Manager bei Software AG. Keiner der drei ist ausschließlich auf IT fokussiert, in ihren Lebensläufen finden sich vielmehr wirtschaftswissenschaftliche Studienabschlüsse, Erfahrung in der Management-Beratung oder in Six Sigma-Programmen. Für sie ist BPM der heißeste Business- und Technologie-Trend der Gegenwart, in BPM gipfeln ihrer Meinung nach alle Management-Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte.

Die drei Worte „Business Process Management“ werden als drei Kern-Dimensionen für die Betrachtung eines Unternehmens beschrieben:

  • Die Business-Dimension umfasst die Unternehmensstrategie. BPM hilft, die Abläufe besser auf die Strategie abzustimmen.
  • Die Prozess-Dimension betrifft die Transformation von Rohstoffen und anderen Ressourcen in Produkte und Dienstleisungen. BPM macht Prozesse effektiver, transparenter und anpassungsfähiger.
  • Management ist die „Befähiger“-Dimension, wo Prozesse geplant und gesteuert werden. BPM ermöglicht den Aufbau durchgängiger Systeme, die alle Informationen und Stellhebel zur Steuerung und Verbesserung der Prozesse bereitstellen. 

Die heute zur Verfügung stehene BPM-Technologie  wirkt als Katalysator, durch den die drei Dimensionen wirksamer und durchgängiger als bisher verknüpft werden können.

BPM wird als zentraler und umfassender Ansatz gesehen, der andere Initiativen, wie Lean Management, Six Sigma und Kontinuierlicher Verbesserungsprozess beinhaltet. Er spielt damit eine wichtige Rolle bei der Bewältigung von Herausforderungen wie Globalisierung, Kostendruck, Produktivitätssteigerungen, höhere Innovationsgeschwindigkeiten, Compliance, Kundenorientierung, usw.

Welche Aktivitäten umfasst BPM?

Wie die Autoren ausführen, betreffen BPM-Aktivitäten insbesondere die folgenden vier Bereiche:

  1. Prozess-Effektivität: Diese wird erreicht durch den Aufbau optimaler Prozesse zur Erreichung der Ziele, die effektive Durchführung der Prozesse und die ständige Aufrechterhaltung der Effektivität. Als Mittel hierfür werden Kennzahlensysteme, Prozesssimulationen, Prozessautomatisierung und Prozess-Performance-Management-Systeme vorgeschlagen.
  2. Prozess-Transparenz: Hierzu tragen ausführbare, grafische Prozessmodelle sowie IT-gestützte Monitoring- und Analyse-Funktionen bei.
  3. Prozess-Agilität: Hierunter wird die leichte Änderbarkeit und Anpassungsfähigkeit der Prozesse verstanden. Dies wird erreicht durch gemeinsam festgelegte Kennzahlen und gemeinsam genutzte Prozessmodelle sowie durch kürzere Entwicklungszeiten, die durch Modellieren statt Programmieren unter Einbeziehung der Fachabteilungen erreicht werden.
  4. Produktive Arbeitsumgebungen in integrierten Prozessportalen, so dass nicht mehr zwischen Anwendungen gewechselt werden muss.

Die Unternehmens-Architektur muss in den drei Dimensionen Business, Prozess und Management aufeinander abgestimmt und mit der IT-Architektur abgeglichen werden. Die Business-Architektur umfasst hierbei die prozessorientierte Ausrichtung der Aufbauorganisation, Rollen wie CPO (Chief Process Officer) und Prozessverantwortliche, die Vorgabe von Zielen für die Unternehmensprozesse und die finanzielle Bewertung von Prozessverbesserungen. Die IT-Organisation verändert sich zum Gestalter von Geschäftsprozessen.

Architektur: Business, Process, Management und IT

Die Prozess-Architektur teilt Prozesse in Kernprozesse und unterstützende Prozesse ein und setzt sie zueinander in Beziehung.  Hinzu kommen Methoden zur Prozessverbesserung und zur Gestaltung des Prozess-Lebenszyklus. Zur Management-Architektur gehören Vorgehensweisen und Projektmanagement, die laufende Steuerung und Überprüfung der Prozesse, sowie ihre Verbesserung.

Schließlich wird die IT-Architektur beschrieben. Als wichtigste Komponenten werden erläutert:

  • Einheitliche Benutzungsoberfläche (Portal)
  • Ausführungsumgebung (Prozess-Engine, Business Rules Engine, Analyse-Engine)
  • Simulations-Engine
  • Prozess-Design-Toolbox (Prozessmodellierung, Regel-Erstellung, Kennzahlendefinition, Prozess-Entwicklung und Entwicklung der Benutzungsoberfläche)
  • Web Service Adapter und Entwicklungsumgebung (Anbindung verschiedener Systeme und Entwicklung neuer Funktionalitäten)

Die Integration der genannten Komponenten erfolgt über einen Enterprise Service Bus (ESB). Die logische Beschreibung aller Prozesse, Objekte usw. inkl. Versionsverwaltung, Benutzerrechten etc. wird in einem Metadaten-Repository verwaltet. Die Definition von Prozessen, Regeln, Oberflächen etc. erfolgt weitgehend ohne Programmierung mittels von Business und IT gemeinsam genutzten Modellen.

Die letzten drei Kapitel befassen sich mit Hinweisen zur Einführung von BPM, zehn Empfehlungen, sowie zehn Fehler, die es zu vermeiden gilt. Zu den Fehlern gehört es beispielsweise, in der funktionalen Denkweise zu beharren und somit nur lokale Prozessverbesserungen zu erreichen, oder Prozessverbesserungsinitiativen als einmalige Projekte ohne anschließende kontinuierliche Verbesserungen durchzuführen. Ebenso fatal ist die Vernachlässigung der Anwender-Bedürfnisse sowie die Automatisierung bestehender ineffizienter Prozesse. Hierzu wird ein angebliches chinesisches Sprichwort zitiert: „Wer sich selbst in den Fuß schießt, sollte sich sich keine automatische Waffe kaufen“.

Ein umfassendes Glossar sowie Hinweise auf interessante Webseiten, Literatur und weitere Informationsquellen zum Thema runden das Werk ab, für das übrigens auch eine deutsche Übersetzung angekündigt ist.

Grundlegender Gesamtüberblick über BPMS-Architektur

Das Büchlein bietet zwar keine wirklich neuen Erkenntnisse, doch kann es durchaus als erster Einstieg in das Thema dienen. Menschen, die von der Vielfalt der Konzepte und Technologien der BPMS-Anbieter verwirrt sind, erhalten einen grundlegenden Gesamtüberblick über eine BPMS-Architektur und ihre Einbettung in das Geschäftsprozessmanagement eines Unternehmens. Bei einer Publikation aus dem Hause eines Software-Anbieters ist positiv hervorzuheben, dass ein ganzheitlicher Geschäftsprozessmanagement-Ansatz zugrunde liegt, der z. B. auch organisatorische Aspekte umfasst.

Trotzdem liegt der Fokus darauf, den Nutzen einer BPMS/SOA-Architektur darzustellen, die an vielen Stellen recht unkritisch als Allheilmittel erscheint. Die Lektüre sollte daher durch ein Buch mit stärkerem Business-Fokus ergänzt werden, wie z. B. das in diesem Beitrag vorgestellte Buch „Geschäftsprozessmanagement in der Praxis“.

Für eine gesponsorte Veröffentlichung ist der Werbeanteil erfreulich gering. Im Text wird kein Bezug auf konkrete Angebote der Software AG genommen, die Werbung am Ende des Buches ist deutlich als solche erkennbar.


Garimella, K.; Lees, M.; Williams, B.:
BPM Basics for Dummies
Wiley, Indianapolis 2008
Das Buch zum Download bei Software AG

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